Der Sterbewunsch
Motive, Prozesse und Forschungsergebnisse
Sterbewünsche treten in sehr unterschiedlichen Lebenssituationen auf und können körperliche, psychische, soziale und existenzielle Dimensionen umfassen. Die wissenschaftliche Forschung zeigt, dass Sterbewünsche weder selten noch eindimensional sind. Diese Seite bietet eine deskriptive Zusammenfassung zentraler Studienergebnisse, ohne diese zu bewerten oder in konkrete Handlungsempfehlungen zu übersetzen.

Definition
Was unter einem Sterbewunsch verstanden wird
In der Forschung wird unter einem „Sterbewunsch“ eine Haltung verstanden, bei der Menschen den Wunsch äußern, das eigene Leben zu verkürzen oder zu beenden. Dabei wird zwischen verschiedenen Formen unterschieden:
Passiver Sterbewunsch
Wunsch, „nicht mehr da zu sein“ oder „nicht mehr aufzuwachen“.
Aktiver Sterbewunsch
Wunsch, selbst etwas zu tun, um das Sterben herbeizuführen.
Sterbewunsch bei schwerer Krankheit
Bedürfnis nach Kontrolle über Verlauf und Ende der Erkrankung.
Ambivalenter Sterbewunsch
Gleichzeitig leben wollen und sterben wollen.

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Mehr InformationenMotive
Forschung zu Motiven für Sterbewünsche
Studien aus Palliativmedizin, Psychologie und Sozialwissenschaften beschreiben wiederkehrende Muster. Häufig genannte Motive sind:
Autonomie
Ein erlebter Verlust körperlicher, kognitiver oder sozialer Autonomie
Kontrolle
Die Angst, die Kontrolle über die eigene Lebens- und Krankheitsgestaltung zu verlieren.
Lebensqualität
Ein als unzureichend erlebtes Maß an Lebensqualität trotz medizinischer Behandlung.
Würde
Das Empfinden von Würde-verlust im Zusammenhang mit Abhängigkeit oder Entfrem-dung vom eigenen Körper.
Leidensdruck
Chronischer oder komplexer Leidensdruck, der verschiedene, nicht nur körperliche, Dimensionen umfasst.
Vollständigkeit
Gefühl, das eigene Leben sei „abgeschlossen“ oder vollständig gelebt,
Wichitg
Internationale Studien zeigen, dass reine Schmerzsymptome seltener Hauptmotiv sind als häufig angenommen. Vielmehr handelt es sich um mehrdimensionale Belastungen.
Einige Faktoren werden in der öffentlichen Debatte oft genannt, spielen empirisch jedoch eine geringere Rolle.
Depression
Akute depressive Episoden können mit einem Sterbewunsch einhergehen, sind aber selten der alleinige Auslöser.
Ökonomie
Ökonomische Belastungen werden in Studien nur selten als Hauptmotiv berichtet.
Verlauf
Statt spontaner Entschlüsse beschreiben empirische Studien meist längere Entwicklungs-verläufe, in denen sich ein Sterbewunsch allmählich herausbildet.
Druck
Ein direkter Druck durch Angehörige lässt sich in der bisherigen Forschung als Hauptmotiv nicht systematisch nachweisen.r
Diese Einschätzungen stammen aus internationalen Studien und können aufgrund unterschiedlicher Versorgungssysteme nicht vollständig auf Deutschland übertragen werden.

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Differenzierungen
Stabilität eines Sterbewunsches
Die wissenschaftliche Literatur unterscheidet zwischen:
Stabilem Sterbewunsch
Über Wochen oder Monate gleichbleibend.
Fluktuierendem Sterbewunsch
Schwankend je nach Symptomverlauf, Krisen oder Entlastung.
Situativen Sterbewünschen
Ausgelöst durch akute Überforderung, Angst oder Schock.
Diese Differenzierungen sind wichtig, weil sich aus ihnen Anforderungen für klinische, psychosoziale oder ethische Einschätzungen ergeben können.
Angehörigenperspektive
Sterbewunsch aus Angehörigensicht
Sterbewünsche betreffen nicht nur die erkrankte Person, sondern prägen auch das Erleben der Angehörigen. Diese Sektion skizziert zentrale Befunde aus Studien zu Angehörigenperspektiven und verdeutlicht, wie ambivalent und belastend, aber auch entlastend der Umgang mit Sterbewünschen erlebt werden kann.
Ambivalenz
Sterbewünsche erzeugen bei Angehörigen oft gemischte Gefühle, die mit Ambivalenz und Unsicherheit einhergehen.
Austausch
Der Austausch über Wünsche am Lebensende kann für Angehörige sowohl entlastend wirken als auch neue Konflikte auslösen.
Klarheit
In einigen internationalen Befragungen berichten Angehörige, dass Klarheit über den Sterbewunsch der betroffenen Person ihnen im Trauerprozess geholfen hat.
Schuldgefühle
Gleichzeitig sind Gefühle von Schuld, Unverständnis oder Zweifel bei Angehörigen nicht ausgeschlossen.
Insgesamt unterstreichen diese Ergebnisse die Komplexität der Situation und die Bedeutung einer sensiblen, respektvollen Kommunikation zwischen Betroffenen, Angehörigen und Behandelnden.
Offene Forschungsfragen
Aktuelle Diskussions- und Forschungsfelder
Soziale Isolation
Der Einfluss von Einsamkeit und mangelnder sozialer Einbindung wird als relevanter Verstärker von Sterbewünschen untersucht, da das Gefühl, „nicht mehr dazu zu gehören“, existenzielle Krisen auslösen kann.
Versorgungsstrukturen
Ein zentraler Forschungs-aspekt ist, wie Schmerz-therapie, spezialisierte Palliativversorgung und psychosoziale Unterstützung den Wunsch nach vorzeitiger Lebensbeendigung lindern oder verändern können.
Kultureller Kontext
Die Bedeutung von Autonomie wird weltweit unterschiedlich interpretiert. Studien analysieren, wie kulturelle Normen und Werte die Äußerung und Wahrnehmung von Sterbewünschen prägen.
Entscheidungsfähigkeit
Die Bewertung der Urteilsfähigkeit bei schwerster Erkrankung ist komplex. Geforscht wird an Kriterien, die eine selbstbestimmte Entscheidung von krankheitsbedingten Einschränkungen abgrenzbar machen.
Verstärkende Faktoren
Wissenschaftler untersuchen gezielt, welche physischen, psychischen und sozialen Dynamiken einen Sterbewunsch intensivieren oder abschwächen, um präventive Ansätze und bessere Begleitung zu entwickeln.
Zeitliche Dynamik
Sterbewünsche sind häufig keine statischen Entscheidungen, sondern fluktuieren im Verlauf der Erkrankung und verändern sich in Abhängigkeit von Symptomkontrolle, sozialer Unterstützung und existenziellen Reflexionen.
Wichtiger Hinweis
Situationen, in denen LINUS keine Sterbehilfe leisten kann
Akute Depression
Wenn die Erkrankung die Urteils- oder Entscheidungsfähigkeit einschränkt.
Demenz oder kognitive Beeinträchtigung
Wenn die freie und bewusste Willensbildung nicht mehr möglich ist.
Schwere psychische Erkrankung
Etwa Schizophrenie oder vergleichbare Störungen mit beeinträchtigtem Realitätsbezug.
Minderjährigkeit
Wenn die Erkrankung die Urteils- oder Entscheidungsfähigkeit einschränkt.
Ihr Leben ist kostbar und es gibt viele Menschen, denen Sie am Herzen liegen. In einer akuten, kurzfristigen Krise wenden Sie sich bitte an die Telefonseelsorge 0800 111 0111 oder an den Rettungsdienst unter 112.
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